Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
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Kiwi
Gelöschter Benutzer
Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von Kiwi am 04.10.2008 05:57Hallo,
ich bin neu hier und würde mich sehr freuen, wenn ich hier Hilfe finden könnte.
Seit fast 4 Jahren haben meine Frau und ich ein Odysse in Kliniken und bei diversen Ärzten fast bundesweit hinter uns:
Anfangsdiagnose bei meiner Frau: MS - dann Sarkoidose - dann Vaskulitis - dann wieder MS - und seit einem halben Jahr Lupus des ZNS. Die Behandlung war anfangs KT und dan AT, was aber den weiteren Progress nicht aufgehalten hat. Jetzt wieder KT in Verbindung mit einer Chemo.
Unsere Beziehung leidet unter ungeheueren Schwankungen von Ekstase bis hin zu schweren Depressionen. Wie kommt Ihr damit klar?
Was kann ich außer Geduld zu haben noch wirklich tun?
Welsangel
Gelöschter Benutzer
Re: Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von Welsangel am 04.10.2008 09:43Hallo Kiwi,
herzlich Willkommen.
Lauf jetzt bloß nicht davon, Deine Frau braucht Dich mehr als je zuvor.
Mit Geduld hat das nix zu tun.
Frag einfach zu allen Problemen und iregndwer hat meistens eine Idee zur Lösung.
Alle hier kennen bestimmt Beziehungskrisen infolge der Erkrankung. Es gibt meiner Meinung nach keinen Rat zur Linderung - außer Verständnis und Rücksichtnahme.
Bei manchen klappts, bei anderen nicht - dann ist es besser Konsquenzen zu ziehen als ewig - beide - zu leiden.
Wünsche Dir die Kraft weiter auf Deine Frau eingehen zu können.
LG Günther
Kiwi
Gelöschter Benutzer
Re: Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von Kiwi am 04.10.2008 19:29Hallo Günther,
sehr herzlichen Dank für Deine Worte.
Du hast sicher Recht und ich muß mich einfach mit dieser Situation abfinden, um meiner Frau wieder mehr Lebensmut geben zu können.
Meine liebe Frau hat mir gerade eine Leberwurststulle gebracht .... ist das nich gut?
Wünsche Dir noch ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße
Kiwi
Re: Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von sungmanitu-wakan am 08.10.2008 08:40Hallo Kiwi,
ich kann dir höchstens noch den Rat geben irgendwelche Aktionen/Reaktionen deiner Frau nicht persönlich als gegen dich gerichtet zu nehmen, auch wenn es sich so anhört bzw. vielleicht sogar so gemeint ist.
Bei einem ZNS-LUpus und auch bei den anderen Diagnosen sind vorübergehende oder anhaltende Wesensveränderungen leider nicht ausgeschlossen. Ich habe mich z.T. selbst nicht mehr gekannt.
Ansonsten frage bitte hier im Forum nach. Wenn du genau beschreibst was los ist findet sich sicher ein Rat für dich.
Es ist mit Sicherheit eine schwere Zeit für die Partnerschaft und ich wünsche dir/euch die notwendige Kraft die ihr braucht um die Therapie durchzustehen. Sehr häufig hilft die Chemo (ich denke deine Frau bekommt Endoxan) sehr gut und viele haben danach eine Weile Ruhe.
Liebe Grüsse Susanne
Erst habe ich gemerkt, daß es so ist -
und dann habe ich begriffen warum es nicht anders sein kann.
Und doch will ich das es anders wird!
Tucholsky
Re: Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von Micky am 21.10.2008 09:40Hallo Kiwi,
auch mein Mann und ich mussten uns erst mit meiner Erkrankung arrangieren.
Wenn man von einem Arzt zum anderen rennt, dass zerrt an den Nerven, ich habe das selbst erlebt. Und dann noch ständig eine neue Horrordiagnose... Wie muss es in deiner Frau aussehen? Glaub mir, so was muss erst mal verarbeitet werden. Auch ich hatte Phasen, in denen ich unheimlich agressiv war und meiner Wut und Trauer Luft machen musste. Aber wenn ihr das gemeinsam durchsteht, wird eure Beziehung eine ganz neue Qualität erhalten. Heute weiß ich viel mehr zu schätzen, was für einen wunderbaren Ehemann ich habe, der immer für mich da und mein allerbester Freund ist. Wir sind enger zueinandergerückt und unsere Beziehung hat an Tiefe gewonnen. So eine Krankheit zerstört einen oder sie lässt einen reifen.
Verliert nicht den Mut.
Micky
Gruß Micky
Kiwi
Gelöschter Benutzer
Re: Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von Kiwi am 26.10.2008 17:12Hallo Susanne, Hallo Micky,
habe mich sehr über Euere Erfahrungen und offenen Worte gefreut.
Es ist inzwischen viel Zeit vergangen. Meine liebe Frau und ich haben viele Diskussionen geführt. Erst nachdem Sie mir Ihr "persönliches Krankentagebuch" zum Lesen gab habe ich so langsam wirklich begriffen, welche Schmerzen, Ängste und auch Depressionen sie erlitten hat. Aus Rücksicht mir gegenüber hat sie mir nicht wirklich alles gesagt, und ich habe durch den normalen Alltagsstreß dies so nicht wahrgenommen.
Wir haben jetzt tief erkannt, wie sehr wir uns lieben und auch brauchen.
Unsere Erkenntnis: Wir leben jetzt und müssen jeden Moment des Frohsinns, der Liebe und des Glückes jetzt leben.
Um so besser können wir die offenen Probleme der Krankheit (Ausfallerscheinungen, Schmerzen, Behandlung, offener Rentenantrag, Krankschreibungen, was tun in der freien Zeit ) auch bewältigen.
Wir haben unser Zusammenleben geändert:
Die wenige freie Zeit gestalten wir gemeinsam, gehen auch täglich spazieren ( auch wenn es schon dunkel ist ). Wir freuen uns intensiv aufeinander. Leider habe ich einen langen Arbeitstag, aber diese jetzigen Veränderungen geben mir die notwendige Kraft und auch den Mut, auch in dieser Situation, gemeinsames Glück zu finden.
Meine Frau liest inzwischen auch in diesem Forum.
Wir gestalten jetzt unser Schlafzimmer neu, wurde aber nach über 30 Jahren endlich Zeit, auch neue Möbel zu kaufen.
Nochmals vielen, vielen Dank für Eueren lieben Worte.
Wünsche Euch Frohsinn und findet auch Ihr das tägliche Glück.
Ein dankbarer Kiwi
Ps: Bleibe hier natürlich im Forum dabei.
Re: Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von sungmanitu-wakan am 27.10.2008 11:35Dem ist nichts hinzuzufügen.
Gruß Susanne
Erst habe ich gemerkt, daß es so ist -
und dann habe ich begriffen warum es nicht anders sein kann.
Und doch will ich das es anders wird!
Tucholsky
Re: Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von Lutz_Fl am 11.01.2009 14:33Im Moment steh ich völlig an der Wand, zumindest fühl ich mich so. Meine Frau hat vor 2 Jahren die Diagnose SLE bekommen, seitdem, ich glaube, 9 CHemotherapien bekommen, Cyclophosphamid, lange Zeit Azatioprin, nebenbei Blutdrucksenker und Mittel gegen Epilepsie, die sie seit einer Hirn OP 1996 wegen einer Hirnblutung braucht.
Die letzte Chemo hat sie abgesagt, sie wollte einfach nicht mehr.
Wir hatten beide nicht das Gefühl, das es noch irgendetwas bringt.
Ich bin seit Mitte letzten Jahres arbeitslos, vorher hatte ich micht mit einer kleinen Musikschule so halbwegs über Wasser gehalten. Marion, meine Frau, ist seit der Hirn OP Rentnerin. Wir sind seit 4 Jahren zusammen, ich liebe sie sehr, sie ist eine wundervolle Frau. Und dabei hilflos zuzusehen, wie sie kaputt geht, macht mich zur Zeit völlig fertig.
Kiwi, ich kann dich sehr gut verstehen, vielleicht schreiben wir uns mal mehr. Sungmantu-Wakan, woher hast du den Lakota Namen?
Ich bin schon mal froh, das Marion mir diese Seite gezeigt hat.
Liebe Grüße
Lutz
Kiwi
Gelöschter Benutzer
Re: Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von Kiwi am 31.01.2009 00:10Hallo Lutz,
bitte entschuldige, daß ich mich erst jetzt melde, aber ich habe meine Frau seit dem 13.01.0 in die Klinik Bad Bramstedt begleitet und die letzte Woche hatte ich berufsmäßiig viel zu tun.
Ja, deine Verzweiflung kann ich nachvollziehen!
Aber ich kann Dir keine großen Ratschläge geben.
Nur aus meinen eigenen Erfahrungen möchte ich Dir sagen,daß aus meiner Sicht das Wichtigste ist, den Lupus so zu akzeptieren , wie er ist......
Für mich sind alle Attacken bei meiner Frau immer psychisch belastend.
Es ist aber auch so, daß jede Zärtlichkeit, jede Freude, auch jede Blödelei unglaublich viel Lebensfreude vermitteln.
Um so mehr sind wir gemeinsam bemüht, das Leben wirklich im Jetzt zu leben.
Nach über 30 Jahren Ehe haben wir jetzt neu und noch tiefer zu einander gefunden.
Alltag und beruflicher Streß hatten viel vom Bewußtsein des Lebens und der Liebe verdrängt.
Jetzt ist es so, daß wir fast tägich abends spazieren gehen und dabei über wirklich alles reden, uns über all unsere Gedanken und Ertlebnisse des Tages austauschen. Und viel mehr als früher bemühe ich mich, gerade hier Lebensfreude und Kraft zu geben, denn das hilft so nicht nur meiner lieben Frau sondern auch mir.
Und es ist tatsächlich das Wichtigste aus meiner Sicht, immer wieder das Lachen und Fröhlichkeit zu finden und dann auch zu leben!
Inzwischen ist meine Frau auch berentet.
Aber ich denke, daß materielle Ängste nicht wirklich bedeutend sind. Auch für uns gibt es damit schwerwiegende Veränderugen.
Aus meiner Sicht ist die Liebe das Wichtigste!
In der Hoffnung Dir positive Gedanken und Möglichkeiten geöffnet zu haben
grüßt Dich
Kiwi
Re: Was kann ich wirklich tun, um helfen zu können?
von Lutz_Fl am 01.02.2009 09:12Hallo Kiwi,
vielen Dank, dass du geschrieben hast. Dass es "erst jetzt" kam, macht nichts. Geduld ist eine der Eigenschaften, die ich entdecken musste. Was du über die Liebe schreibst, ist richtig. Uns beiden, Marion und mir, geht es genauso. Was ich da geschrieben habe, "Ich steh an der Wand", stimmt aber auch zeitweise. Es ist teilweise sehr belastend, wie du es ja auch schreibst. Zudem kam bei uns noch hinzu, dass ich arbeitslos war, was sich zum Glück geändert hat. Ich habe wieder einen Job! Puh, eine Sorge weniger.
Ab letzten Herbst wurde es mit Marion so schlimm, dass wir sogar unsere gemeinsamen SPaziergänge arg reduzieren mussten, sie hatte die Chemos so schlecht vertragen. Dann jetzt der kalten Winter - aber es geht wieder bergauf. Die letzte Chemo hat sie von sich aus abgesagt, ihre Blutwerte sind hervorragend!
Manchmal geht es durch sehr tiefe Täler, und dann kommen wieder sanfte Hügel. Wir schmusen auch sehr viel, lachen, wenn uns danach ist, verbringen unsere gesamte Zeit miteinander, teilen alles. Freitag haben wir uns ein Aquarium gekauft, ein lang gehegter Wunsch von mir. ich hatte seit meiner Jugend eines. Jetzt sitzen wir abends auf dem Sofa und träumen gemeinsam.
Alles zusammengenommen, habe ich sehr viel dazu gelernt. Die Krankheit bringt uns dazu, das Leben anders zu betrachten, neue Seiten zu entdecken.
Liebe Grüße
Lutz