Muss ich meinem AG sagen dass ich einen Schwerbehindertenausweis beantragt habe ?
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Muss ich meinem AG sagen dass ich einen Schwerbehindertenausweis beantragt habe ?
von Difani am 27.06.2011 21:51Ich habe als Neue gleich mal eine für mich sehr wichtige Frage.
Bisher habe ich, nachdem ich meinen Bürojob durch Stellenabbau losgeworden bin, fast zwei Jahre lang als Servicekraft Regale im Supermarkt eingeräumt. Da musste man oft schwere Dinge heben (Getränke, Waschpulvergroßpackungen etc.). Damit war ich von der körperlichen Kraft her manchmal überfordert. Ich bekam tierische Gelenkschmerzen und Anfang Mai hatte ich einen Schub wo es mir bescheiden ging. Mein Arzt hat mich aber drei Tage lang mit 50 mg Kortison vollgepumpt und wieder hinbekommen. Es gab aber auch Zeiten wo mir die schwere Arbeit nix ausgemacht hat. Tagesformabhängig war das bei mir.
Jedenfalls habe ich nun meinen Traumjob ergattert. Ich habe nur fünf Autominuten zur Arbeit, einen Job der mir Spaß macht und supernette Kollegen und eine liebe Chefin. Die Bezahlung stimmt und die Arbeitszeiten sind auch super weil ich sie 1. mit meinen Kids vereinbaren kann und 2. muss ich nur 5 Stunden am Stück 3 x die Woche arbeiten und habe dann wieder 4 Tage frei. Also perfekt für mich. War auch schon zur Einarbeitung da und fühle mich pudelwohl. Nun bekam ich heut den Arbeitsvertrag vorgelegt. Mit Schrecken las ich einen Passus wo ich versichern soll, dass ich nicht schwerbeschädigt (steht so drin aber soll wohl schwerbehindert heißen) bin und keinen Antrag beim Versorgungsamt laufen habe für die Feststellung einer Behinderung (also dass ich keinen Schwerbehindertenausweis beantragt habe).
Genau das habe ich aber vor etwa 2 Monaten (da wußte ich noch nix von meinem neuen Job) gemacht: ich hab nen Schwerbehindertenausweis beantragt.
Und nun ? Was mach ich denn jetzt ?
Für meinen Job bringt meine Krankheit keine Einschränkungen, ich kann alles machen wie meine Kollegen auch. Ich bin fleißig und zuverlässig, genauso wie meine gesunden Kollegen auch. Was passiert wenn ich das nun verschweige ? Ich weiß dass ich dadurch mehr Rechte bekäme (mehr Urlaub, besserer Kündigungsschutz etc.) wenn ich die Behinderung angeben würde. Aber es behindert mich ja nicht in der Ausübung des Jobs.
Wenn ich das angebe, dann wird das sicher nichts mit der Einstellung. Ich habe noch keinen solchen Passus in einem Arbeitsvertrag gelesen. Also wird da doch wohl Wert drauf gelegt dass man keine Schwerbehinderung hat, sonst würde das nicht explizit drinstehen.
Kann mir da jemand sagen wie das ist mit der rechtlichen Lage ? Muss ich das wirklich angeben, obwohl mir lieber wäre es weiß keiner von meiner Krankheit ? Man sieht es mir auch nicht an dass ich SLE habe. Oder darf ich das mit dem beantragen Schwerbehindertenausweis für mich behalten ? Habe auch überlegt ob ich das ganze nochmal stoppe und dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder beantrage. Geht das ?
Es war alles so schön bis jetzt, Spaß an der Arbeit, mit den Kollegen prima Verhältnis und die Chefin war sehr zufrieden mit mir bisher. Habe Angst dass mir der SBA-Antrag nun alles verdirbt.
Re: Muss ich meinem AG sagen dass ich einen Schwerbehindertenausweis beantragt habe ?
von wolfskind am 27.06.2011 22:06Schon durch das Inkrafttreten des Diskriminierungsverbot in das Grundgesetz, jedoch entscheidend erst durch die Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), welches der Umsetzung der EU-Richtlinie 2000/78/EG dient, sowie aufgrund der Verabschiedung des SGB IX (insb. § 81 Abs. 2 SGB IX), hat sich die Beurteilung der Zulässigkeit der Frage nach einer Behinderung jedoch grundlegend geändert. Nunmehr ist die Frage nach einer Schwerbehinderung (oder einer Gleichstellung) nur noch zulässig, wenn sich die Behinderung auf die Ausübung der Tätigkeit auswirkt und der Arbeitgeber daher ein berechtigtes, billigenswertes und schützenswertes Interesse an der Beantwortung der Frage nach der Schwerbehinderung hat (Vgl. hierzu LAG Hamm, Az: 15 Sa 740/06, sowie § 8 AGG). Der Arbeitgeber darf fragen, ob der Stellenbewerber an gesundheitlichen, seelischen oder ähnlichen Beeinträchtigungen leidet, durch die er zur Verrichtung der beabsichtigten vertraglichen Tätigkeit ungeeignet ist. Gefragt werden darf in diesen Fällen nach der Behinderung, nicht nach der Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch.
Die sog. tätigkeitsneutrale Frage, also eine Frage nach der Schwerbehinderung ohne den beschriebenen notwendigen Bezug zu der konkreten Tätigkeit, stellt hingegen eine unzulässige unmittelbare Diskriminierung dar (Vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht, Az: 6/7 Sa 1373/09).
Beachtet werden sollte jedoch, dass die sich durch die Einführung des § 81 Abs. 2 SGB IX ergebende Rechtsänderung nicht eingreift, wenn vor diesem Zeitpunkt auf die damals noch zulässige Frage (s.o.) gelogen wurde (Vgl. hierzu: LAG Hamm, Az: 8 (16) Sa 1072/03). In diesen Fällen steht dem Arbeitgeber unter Umständen noch ein Anfechtungsrecht zu, da sich die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Frage stets nach dem dann anwendbaren Recht richtet.
http://www.myhandicap.de/behinderung-bewerbung-job.html
Wovon das Herz voll ist, läuft der Mund über.
Re: Muss ich meinem AG sagen dass ich einen Schwerbehindertenausweis beantragt habe ?
von Difani am 27.06.2011 22:11Danke Wolfskind für Deinen Beitrag !