Lupus und Lebensqualität
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marsy
Gelöschter Benutzer
Re: Lupus und Lebensqualität
von marsy am 18.11.2009 15:37Hi,
es ist normal sich über Sprüche aufzuregen, die bei einem selbst unpassend oder zum Teil beleidigend ankommen.
Re: Lupus und Lebensqualität
von sungmanitu-wakan am 19.11.2009 09:46Hallo Marsy und andere am Thread interessierte,
noch mal kurz zu mir und „den Ärzten“ – also denen über die ich mich geärgert habe.
Ich habe schon gehört
„ nu machen se mal hier nicht son Wind, gucken se sich um, denn sehen se wie gut es Ihnen geht“ (ich war wegen einer Dauerblutung mit nem HB-Wert von 4,9 mmol/l auf der Gyn-Station und hatte gefragt wann ich denn endlich operiert würde, mir würde es mittlerweile sehr schlecht gehen, Migäneanfall, Unterzuckerung, es war 16 Uhr, die OP war für 12 angesetzt gewesen.)
„ wissen sie, sie haben so einen leichten Verlauf, ich weiß wirklich nicht warum sie das nicht einsehen können“ (das war ein Rheumatologe der bis zu diesem Zeitpunkt lediglich mein Laborblatt angeschaut hatte und ich war bereits, ohne den Kampf den ja einige darum führen müssen, berentet)
„ manchen Leuten geht vollständig das Relativierungsvermögen ab, ihnen ganz besonders“
(das war ein Orthopäde in einer Reha-Einrichtung)
Ich denke schon das ich das so übersetzen darf wie ich geschrieben habe:
(Ich bin allerdings der Meinung, das manche Ärzte der Meinung sind, das man die Klappe zu halten hat wenn man nicht gerade lebensbedrohlich erkrankt ist, das man seine Erkrankung zu relativieren hat und sich gefälligst mit denen zu vergleichen hat denen es schlechter geht.)
Das „kurz“ zu meinen Erlebnissen.
Zum Thema Lebensqualität mit bzw. trotz Krankheit, für mich ist das persönlich, mir fällt es schwer das zu trennen, meine eigene Befindlichkeit von der philosophischen Dimension.
Ich schreibe einfach mal auf was für mich wichtig ist, wie ich mache Dinge sehe. Vielleicht ist das ja nützlich für die eine oder andere. Auf jeden Fall nützt es mir, wenn man etwas aufschreibt muß man sich Gedanken darüber gemacht haben.
Grashüpferchen hat so schön geschrieben
„Positive Einstellung ist sicherlich ein Anfang, bringt mich aber auch nicht wirklich weiter, da ich auf grundlegende Faktoren keinen Einfluss habe. Ich bin i. M. aber sicherlich auch zu empflindlich.“
Ich weiß nicht ob man/frau auf das „zu empfindlich“ (bin ich mit Sicherheit auch) wirklich einen Einfluss hat.
Man kann doch seinen grundlegenden Charaktertyp nicht wirklich verändern.
Ich bin z.B. bekennende Pessimistin. Das muß ja nicht schlecht sein. Wenn man vorher alle oder fast alle Widrigkeiten die einem widerfahren könnten bei einem bestimmten Vorhaben durchdenkt und sich entsprechend darauf einrichtet, dagegen an arbeitet wird einem das Vorhaben besser gelingen und man wird erfolgreicher sein als wenn man „positiv denkt“ :
„ es wird schon alles gut gehen, ich werde alle Hilfe bekommen die ich brauche, alle Menschen werden nett zu mir sein usw., usf und dann damit auf die Schnauze fällt.
Das ist mir bis jetzt fast immer gelungen und ich habe auf die Weise ne ganze Menge auf die Reihe gekriegt. Mit der Krankheit bin ich aber an einem Punkt angelangt wo ich mit dieser Strategie nicht so weit komme, muß mir also mit eurer Hilfe was anderes überlegen.
Jetzt kann ich aber, s.o. nicht mit mal zu einer Optimistin werden, muß mich also irgendwie
Durchlavieren.
Freundschaften sind wichtig für mich (die hat Grasshoppermouse vergessen in ihrer Aufzählung):
Viel macht für mich schon aus das ich begriffen habe das einen die wirklich wichtigen Leute trotzdem mögen wenn man zugibt das man irgendwas nicht mehr schafft, kann oder will.
Freilich sind das dann nicht so viele, die da übrig bleiben. Und ich bin dabei zu versuchen ob man in meinem fortgeschrittenen Alter neue Freundschaften schließen kann. Wobei, und da stoße ich schon wieder schmerzhaft auf die Krankheit, wenn man berentet ist haben neue Bekannte sehr oft auch etwas mit Krankheiten zu tun (Selbsthilfe) bzw. sind selber krank..
(Grasshoppermouse, ich klaue mal dein Gerüst)
Gesundheit/Krankheitsverlauf
Umgang mit der Krankheit durch Ärzte/Umfeld
Haben wir ausführlich immer mal wieder und mittendrin erörtert.
Aussehen:
Sich so annehmen wie man ist, ist leichter gesagt als getan. Der nette Spruch meiner Freundin „aber du bist doch noch dieselbe mit 20 kg mehr“ stimmt ja eben nicht
Sicher kann ich mir Klamotten kaufen in denen ich mich trotzdem leiden kann.
Lieber würde ich wieder abnehmen. Und ich weiß das ich das schaffe wenn ich mit dem Prednisolon unter 10 mg komme – krach, nächster Anstoß.
Freizeitgestaltung/Mobilität:
Da bleibt einem, meiner Ansicht nach nichts anderes übrig als sich mit Sachen zu beschäftigen die man noch schaffen kann. Wobei ich finde das man probieren sollte was man noch schafft und kann..
Wie ich schon schrieb bin ich gerne draußen.
Und Marsy dein nahe liegender Tip mit der Seilbahn ist so eine Sache. Erstens kostet die viel Geld, zweitens habe ich ein arges Problem schon mit Bussen, Bahnen und Fahrstühlen und drittens sind dann da oben immer so viele Leute auf dem Haufen.
Juli 2008 waren wir eine Woche in Partenkirchen und eine Woche im Ötztal.
Mein Lupus war abgelenkt durch die Gyn-OP davor und ich war noch beim Prednisolon runterfahren, das geht ja nicht so schnell. Da konnte ich z.B., ich weiß nicht ob du dich da etwas auskennst, vom Schloß Elmau auf den Schachen laufen und zurück natürlich. (das sind ca. 20 km hin rück und ca. 800 Höhenmeter) Hab natürlich hinterher 2 Tage auf der Nase gelegen. Seitdem habe ich die Hoffnung, und will die auch noch nicht aufgeben, das ich mit besser wirkenden Medikamenten (nächster Anstoß) es doch noch bzw. wieder schaffen zwar nicht über die Alpen, aber in den Alpen umherzulaufen.
Ich versuche auch ganz verbissen immer wieder Rad zu fahren obwohl das mit meinem Kopf so eine Sache ist. (Tröste mich immer damit das die ganzen wackligen Omas und Opas bei meiner Mami im Wohngebiet ja auch Rad fahren und meistens nichts passiert)
Dann habe ich letztes Jahr in der Volkshochschule einen Spanischkurs angefangen.
Oh ist das schwer, ich bin ein Zahlenmensch, kein Sprachenmensch, aber es ist sehr schön wenn dann doch etwas hängen bleibt und meine aus Kuba stammende Freundin versteht was ich gesagt habe.
Ich habe versucht wieder zu stricken, das geht gar nicht, da machen die Finger nicht mit.
Stoff habe ich mir gekauft, zu DDR-Zeiten habe ich viel selbst genäht, will mal schauen ob ich das noch kann. (vorsichtshalber habe ich mir ganz billigen Stoff gekauft)
Mit meinem Hobby Kochen und Backen ist das so eine Sache. Da muß ich mich noch so konditionieren das ich nicht immer an meinen eigenen Qualitäts- und Quantitätskriterien anstoße. So Beispiel gab es am Samstag bei uns Feuerzangenbowle (die macht mein Mann)
Habe die Freunde vorher angerufen und gesagt ich hätte noch selbstgebackenes Brot im Tiefkühler, es sollen mal alle was mitbringen was man da rauf tun kann. Das ging auch, keiner ist verhungert, alle waren zufrieden außer mir, ich mag den Fertigkram nun mal nicht.
Das ist nun aber ganz eindeutig ein Problem was bei mir liegt, da arbeite ich dran.
Arbeit:
Ich bin ja seit 5 ½ Jahren berentet weil gar nichts mehr ging. Habe davor 19 Jahre gearbeitet, 2 Jahre eine Umschulung probiert. Mir fehlt sehr der Umgang mit den Kollegen, Kunden so sehr wie ich mich auch manchmal über diese geärgert habe.
Habe mehrfach versucht nen Minijob zu bekommen, könnte auch gut das Geld gebrauchen. Irgendwelche Bürosachen gibt es bei uns nicht, bei ner realen Arbeitslosenquote von 35 %. Das einzige wo man was bekommen könnte ist morgens um 5 Regale auffüllen, um 6 Büros putzen oder irgendwo auf Rügen, wo man nen Auto braucht Ferienwohnungen sauber machen. Das kann ich nicht.
Für die die noch arbeiten können bzw. sich mitsamt dem Wolf dorthin schleppen.
Versucht euch nen noch dickeres Fell zuzulegen, die dummen Sprüche abperlen zu lassen und haltet den Job fest. Versucht die Angst zu verlieren vor dem Chef, vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, macht den osteoporotischen Rücken gerade. Die merken das man Angst hat und nutzen das schamlos aus.
Grasshoppermouse, hast du den Chef angesprochen darauf? Wenn du volle Leistung bringst und er dich aufs Abstellgleis geschoben hat dann passt das nicht zusammen.
Als ich wusste das ich gehe aus der Firma, die Umschulung genehmigt war von der Rentenversicherung ging auf einmal soviel, da ging das Geheule los vom Chef und den Kollegen. Habe lange darüber nachgedacht, bin der Meinung das ich da nicht selbstbewusst und fordernd genug war. Z.B. hätte ich klagen sollen auf Teilzeitbeschäftigung und mich nicht zufrieden geben mit der Aussage das wäre nicht machbar. Aber das ist natürlich alles leichter gesagt als getan, bei anderen ist man immer schlauer.
Partnerschaft
Das ist auch so eine Sache. Kraftquell wenn’s klappt, Ursache dafür das gar nichts mehr geht wenn’s nicht klappt – in mehrfacher Hinsicht
Das hat ganz lange gedauert bis wir das halbwegs auf der Reihe hatten, fast hätte es nicht geklappt. Es gab zwischendurch immer wieder großen Streit und große Sprachlosigkeit, schuld waren wir beide. Besonders schwer zu erklären, damit umzugehen sind die psychischen Veränderungen meiner Ansicht nach.
Ich denke mittlerweile können wir beide sehr gut die Nachteile kompensieren und die Vorteile wahrnehmen.
Zusammenfassend und für alle Bereiche, ich habe bestimmt auch noch nicht alles bedacht/beschrieben, bin ich der Ansicht das man/frau sich klar werden muß was wichtig ist, wer man eigentlich ist, was man will und dann konsequent versuchen sollte in allen Bereichen darauf hinzuarbeiten, natürlich immer mit Überprüfung ob die Erwartungen realistisch sind, das man seinen Idealen möglichst nahe kommt.
Noch mal zur „philosophischen Dimension“ Lebensqualität.
Da bin ich in der phantastischen Lage eine aus Kuba stammende Freundin zu haben.
Ein Gespräch mit ihr erdet erstmal ungemein. Das gibt es so Sprüche wie „weißt du die Leute in Deutschland die machen sich über so viele Dinge Sorgen weil sie keine Probleme haben“ Hat sie ja recht. Wenn wir uns im Weltmaßstab vergleichen dann kann ich in materieller Hinsicht nicht verstehen warum wir soweit hinten landen. Denke ich allerdings über die von euch zitierte Entmenschlichung/ Entpersonalisierung in vielen Bereichen nach dann kann ich das schon eher verstehen.
Und da bestreite ich ganz entschieden Marsy, das sich das nicht auf meine Lebensqualität auswirkt.
Ist aber gut für dich wenn du dich davon abkoppeln kannst!
Vielen Dank denjenigen die bis hier geschafft haben zu lesen.
Liebe Grüsse
Susanne
Erst habe ich gemerkt, daß es so ist -
und dann habe ich begriffen warum es nicht anders sein kann.
Und doch will ich das es anders wird!
Tucholsky
karin-maria
Gelöschter Benutzer
Re: Lupus und Lebensqualität
von karin-maria am 19.11.2009 13:05hab mich grade registriert um schreiben zu können
bin sehr froh, dass es dieses forum gibt und grade an tagen wie diesen wo frau irgendwie die müdigkeit total übermannt, ist es ein trost zu lesen, dass es anderen ähnlich geht
und vor allem dass die reaktionen der umwelt seien es familie und näheres umfeld manchmal sehr enervierend sein können
das vielzitierte mach dir nix draus ich bin auch oft müde oder das noch nervigere du siehst doch gut aus - haben zumindest den vorteil dass sie kurzfristig wut hervorrufen, was ja dann auch ein bissl agiler macht - aber in summe alles andere als eine hilfe
es ist schlichtweg so, dass keiner der davon nicht betroffen ist, das annähernd nachvollziehen kann - es ist streckenweise ein leben in der warteschleife
in der früh warten, dass die schmerzen vergehen und man sich einigermassen bewegen kann
dann mit glück kann ich einigermassen aktiv sein
gegen mittag dann der einbruch - mentales tilt -
im besten fall besteht die möglichkeit sich hinzulegen
aber eher selten weil dann lieg ich für mehr als zwei stunden flach, kann ich mir nicht leisten
irgendwie richtig arbeitsfähig fühle ich mich nur noch stundenweise -
wenn ich s nicht besser wüßte was ich schon alles aktiv geleistet habe in meinem leben - ich würde vollends die krise kriegen
wenn ich mich so an die letzten jahre erinnere - da gab s keinen tag an dem ich nicht schmerzen hatte - vom dezenten muskelkaterähnlichen schmerz bis hin zu solchen die einen zum absolut ruhig verhalten verdammen
das dann kombiniert mit der müdigkeit - komm mir dann vor wie ein zombie
absolut positiv ist die tatsache, dass meine werte in ordnung sind - der ausschlag sich in grenzen hält, solange ich brav die sonne meide - negativ dran ist die reaktion mancher doc s - weil wahrscheinlich bilde ich mir die schmerzen bzw. die müdigkeit eh nur ein - oder hab halt eine depression
ja so an manchen tagen ist s verdammt schwer die ignoranz der anderen zu ertragen und alles was bleibt ist die hoffnung dass sich der lupus nimmer jeden tag bemerkbar macht
Re: Lupus und Lebensqualität
von annette am 19.11.2009 13:28also ich gehe sehr d´accord mit Susannes Einstellung, Gedanken,....
Meine Lebenqualität schränkt es sehr wohl ein, wenn Ärzte Unverständnis zeigen (Im Moment glücklicherweise nicht der Fall, aber den Zeitmangel spüre ich bei meiner Hausärztin auch sehr unangenehm > man traut sich kaum, alles anzusprechen)
Meine Lebensqualität leidet unter dem Unverständnis meiner Mitmenschen > ich bin ein soziales Wesen, wie sollte ich mich davon abkoppeln können?
und ich leide sehr unter den Behördengängen, bzw. den jeweiligen Sachbearbeitern, die ich alle aufgrund des Lupus, bzw. Erwerbsunfähigkeit aufsuchen muss.
das alles gehört zu meinem Lupus-Leben, also hat es auch Einfluß auf meine Lebensqualität.
Gerade geht es mir ein wenig besser, und ich merke mal wieder, dass ich ohne Lupus ein ganz anderer Mensch wäre (und einmal war)
fröhlicher, offener, glücklicher, kontaktfreudiger, unternehmungslustiger, attraktiver
alleine meine Körperhaltung, mein Gang ist ein anderer, wenn es mir besser/schlechter geht.
manchmal (in den schlimmsten Zeiten) ist es fast, als hätte der Lupus ein zweites anderes "Ich" kreiert.
Ja - das ist gruselig!
keine Lupusbeschwerden > Sonnenschein
mäßige LB > bewölkt
starke LB > finstere Nacht
Re: Lupus und Lebensqualität
von Grasshoppermouse am 20.11.2009 11:28@ karin-maria: herzlich willkommen und danke für deinen Beitrag. Ich kann dich gut verstehen. Ich habe eine sehr starke "Allgemeinsymptomatik" mit extremen Fatique. Ich könnte mitten im Reden einschlafen. Andererseits kann ich aufgrund der Schmerzen nicht gut schlafen. Da ist die Nacht um 2 oder 4 schon vorbei. Ich mach die Augen auf und bin schon fertig mit der Welt. Was will man machen.
Die Wut kenne ich auch gut - und bin froh, dass die noch da ist. Die hält einen schon ein wenig am Laufen.
Bitte, bitte, lass dir bloß nicht einreden, dass du dir etwas einbildest. Es gibt nur einen Spezialisten für dich, und das bist du. Selbst wenn du "nur" eine Depression hättest, das würde doch reichen.
Ich stimme Annette und Susanne zu. Aus der Haltung der Ärzte folgt deren Handeln. Wie sollen die mich adäquat behandeln, wenn sie mich nicht ernst (genug) nehmen? Eine solche "lockere" Einstellung hat dazu geführt, dass meine Erkrankung jahrelang nicht erkannt wurde und damit Zeit hatte, sich so richtig schön breitzumachen. Oder ein anderes Beispiel: Die Relativierung meiner Beschwerden und die arrogante Haltung "Ich Arzt - du Patient: Klappe halten" führte dazu, dass in diesem Jahr letztendlich mit einer Lungenentzündung in der Klinik landete. Das ganze löste noch einen Megaschub aus, der immer noch nicht vorbei ist. Also: eine direkte Auswirkung auf meine Lebensqualität.
Mir geht es wie Annette, ich erkenne mich nicht wieder. ich verhalte mich nicht mehr wie ich, sehe nicht aus wie ich, durch die Medis rieche ich nicht einmal mehr wie ich.
"zu empfindlich". Ich habe mich im nachhinein gefragt, warum ich mich dafür entschuldige. Dürfen wir das nicht auch mal sein? Wenn mal wieder ein Tumorscreening ansteht schlafe ich noch schlechter als sonst, ich habe Bammel, die Untersuchung ist unangenehm, vielleicht sogar schmerzhaft, darf ich da nicht ein wenig Fingerspitzengefühl von meiner Umwelt/Ärzten erwarten? Wie Susanne bin auch ich eine Pessimistin. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob dies am Charakter liegt oder ob mich meine Lebenserfahrung dazu gemacht hat.
Ich kann verstehen, dass niemand etwas über Krankheiten hören will, aber diese ist nun mal ein Teil, ein großer Teil meines Lebens. Wer davon nichts hören will, will auch nicht an meinem Leben teilhaben. Mich gibt es nun mal nur "mit". Anders wäre mir auch lieber. Ich spreche nur auf direkte Nachfrage mit Dritten darüber und belästige keinen mit meinen Gebrechen. Aber warum eigentlich nicht? Ich muss mir doch auch diverse Sachen bis Blödsinn von anderen anhören. z.B. meine Schwägerin, die allen Ernstes der Meinung ist, eine Kollagenose sei harmlos und ein wirklich schweres und stressiges Leben sei es, zwei Kinder fulltime großzuziehen. Geschenkt.
Arbeit:
Ja Susanne, ich habe mir das auch schon gedacht, mit dem fordernder Auftreten. Mit dem Abstellgleis ist das so: Wer soll mich einstellen mit 40, schwer chronisch krank, schwerbehindert und man sieht es mir auch deutlich an. Richtig: keiner. Das weiß auch mein Chef. Warum also in mich investieren mit Gehaltserhöhung (habe seit über 5 Jahren keine bekommen), Weiterbildung, Beförderung und sei es auch nur dem Titel nach, wenn er weiß, dass ich nicht weg kann. Die volle Leistung bekommt er ja auch so. Davon ganz abgesehen ist man in unserer Firma eh erst mit Dr-Titel was. Ich habe in einem Personalgespräch einiges gefordert. Das ist 16 Monate her und ich warte auf Rücksprache. Ich habe zwischenzeitlich nicht locker gelassen und gedrängt, aber wurde immer wieder vertröstet. Ich würde mal sagen, das ist deren Art mir zu sagen, was ich sie kann, oder? Was will da noch machen? Du hast ja recht, man muss seine Arbeit so lange behalten wie es irgend wie geht. Nurfühle ich mich ausgenutzt und veräppelt. Es macht mich nur ungeheuer wütend. Umso mehr, da ich weiß, dass mir das niemals passieren könnte, wäre ich nicht krank.
Mit dem relativieren ist das so eine Sache. Sicherlich findet man immer jemanden, dem es noch schlechter geht. Aber hilft mir das in meinem Leben konkret weiter? Ich kann keine Treppenstufe besser hochsteigen nur weil ich weiß, dass irgendwo ein Kind verhungert, so schlimm wie das auch ist. Das hilft mir nicht weiter und ist für mich irgendwie auch eine Form von "Klappe halten". Meine Kollagenose ist seit 2 Jahren so aktiv und kein Medi schlägt an, dass bei mir alle Lebensbereiche gegen Null tendieren. Ich tue alles was ich kann, um durchzuhalten. Aber es muss auch gestattet sein zu sagen: ich kann nicht mehr. Es muss auch gestattet sein, die Verluste zu beklagen an Handlungsfähigkeit und Möglichkeiten, und dass dadurch meine Welt mit jedem Tag kleiner wird.
Sorry für den langen Text, aber wie gesagt, das Thema treibt mich um. Danke für den Austausch.
LG
Grasshoppermouse