Ja, aber du tust ja auch nichts dagegen

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DieD

41, Weiblich

Beiträge: 7

Ja, aber du tust ja auch nichts dagegen

von DieD am 25.07.2017 19:24

Hallo ihr Lieben,

nun ist es amtlich. Ich hab lupus und mein Sjögren ist jetzt ein sekundäres. Außerdem wurde die Erklärung für meine Atemnot gefunden. Lymphozytäre interstitielle pneumonie .... ich bin noch am verdauen. Die letzten Monate waren wirklich schlimm....
Jetzt kommen die Sprüche: hast ja wirklich was gehabt oder ich hab ja gleich gewusst, dass du nichts am Kopf hattest..... Ich weiß gar nicht wie ich mit düsen Phrasen umgehen soll. Habt ihr Tipps?

Ein Mensch der mir sehr nahe steht: meinte heute zu mir, dass ich ja auch die letzten Jahre nichts für meine en Körper getan hätte und somit auch nichts gegen den Krankheitsverlauf gemacht hätte.
Ja, mir fehlt die Energie für Sport, aber durch drei Kinder bin ich auch ordentlich in Bewegung. Ich rauche nicht, Alkohol gibt's auch nur selten, Ernährung ist normal würde ich sagen, jedenfalls passe ich noch in 36.

Mich hat das schrecklich verletzt und ich weiß nicht, was ich dem entgegen zu setzten habe. 🙁

Vielleicht hat ja einer ähnliche Erfahrung sammeln müssen?

Dany

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Leya

-, Weiblich

Beiträge: 4779

Re: Ja, aber du tust ja auch nichts dagegen

von Leya am 26.07.2017 04:42

Hallo Dany,

tut mir sehr leid, dass Du auch Lupus hast.
Ich drücke Dir die Daumen, dass die Therapie, die Du erhältst, zur vollständigen Rückbildung der lymphozytären interstitiellen Pneumonie führt.

Diese Sprüche in der einen oder anderen Form kennen wir alle.
Einige kommen aus einer Unsicherheit heraus, andere aus Dummheit, manche aus Gedankenlosigkeit und einige wenige sollen verletzen.

Es kursieren im Internet hunderte Versionen à la "10 things not to say to someone with lupus" als Videos, Grafiken und Texte. Z. B. https://www.youtube.com/watch?v=XmiW-6pOYc0
Anschauen lohnt sich, finde ich, denn einige Antworten sind überraschend gut, manche gut und hart so z. B. "Du siehst aber gar nicht krank aus" - Erwiderung "Und Du nicht wie ein Idiot".

Lupus und Sjögren sind Autoimmunerkrankungen. Das Immunsystem ist fehlgerichtet und bekämpft daher auch körpereigene Strukturen. Die Ursache liegt in einigen unserer Gene.

Die Wissenschaftler gehen derzeit davon aus, dass einige Menschen eine Disposition (Anfälligkeit zur Ausbildung einer Erkrankung) zum Lupus in ihren Genen haben. Das bedeutet aber nicht, dass der Lupus bei allen Menschen mit einer entsprechenden genetischen Disposition auch ausbrechen wird. Vielmehr "müssen" die verantwortlichen Gene erst "aktiviert /angeknipst" werden, so dass die Erkrankung ausbricht, z. B. durch UV-Strahlung, Hormone, Stress, schwere Infektionen u. a. Die Forscher sind immer noch bei der Ursachensuche.

Siehe dazu auch hier http://lupus.rheumanet.org/ unter "Diagnose Lupus - und nun?" und dann unter "Informationen zur Erkrankung".

Deine Gene hättest Du also auch durch "etwas für Deinen Körper tun" nicht ändern können und somit grundsätzlich auch Deine Erkrankungen nicht.

Der Spruch ist ja einer der typischen à la "Du musst mehr schlafen ...", "Du musst mehr/besser/etwas anderes essen ...", "Du musst mehr Sport treiben ....." "hättest mehr Sport treiben müssen...." "...... dann geht es Dir auch besser" und zeugt von einem kompletten Unverständnis.
Kann derjenige, der Dir nahe steht, Englisch? Wie wäre es dann mit diesem Video?:
https://www.youtube.com/watch?v=_B6c6k3Ktqk


Gruß

Leya







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Socke

57, Weiblich

Beiträge: 103

Re: Ja, aber du tust ja auch nichts dagegen

von Socke am 26.07.2017 07:52

Hallo Dany,
auch mir tut es sehr leid, dass aus Deinem Sjögren ein Lupus geworden ist. Aber das Gute daran ist, dass man Dir nun entsprechend helfen kann und auch ich drücke die Daumen, dass es Dir unter einer angemessenen Therapie schnell besser geht.

 

Ja, ich glaube wir alle kennen solche „Sprüche" aus unserem Umfeld und ich schätze mal, dass wir alle auch wissen wie weh sie tun. Es ist einfach schrecklich in einer solch schwierigen Situation auf solches Unverständnis zu stoßen, da man ja gerade zu einem solchen Zeitpunkt das Gegenteil benötigen würde. Eine solche Diagnose macht ja auch Angst und man würde Unterstützung und Halt von seiner Umgebung brauchen, das Gefühl auch in schwierigen Situationen von seinem Umfeld gehalten und getragen zu werden. Leider wird dies wohl nur ganz Wenigen von uns wirklich zu Teil.

Ich weiß, es ist vermutlich ein schwacher Trost. Aber ich kann mich Leya nur anschließen. Meist ist es gar nicht böse gemeint. Solche Äußerungen sind meist das Resultat einer großen Hilflosigkeit, der Hilflosigkeit die Krankheit in uns Menschen oftmals auslöst und mit der gerade Menschen, die noch nie in einer solchen Situation waren, oftmals nur schlecht umgehen können. Hinzu kommt, dass die Krankheit nicht nur in uns (also in den Betroffenen) Angst auslöst, sondern auch in allen anderen die damit konfrontiert werden. Insgeheim weiß ja jeder Mensch, dass Krankheit jeden von uns zu jeder Zeit betreffen kann und dass im Grunde keiner wirklich sicher davor ist. Ich habe oft den Eindruck, dass meine Erkrankung dies meinem Umfeld drastisch vor Augen führt, ich werde quasi zum „Sinnbild" für Krankheit, was regelmäßig auch ungeheure Ängste auslöst. Und dort wo Menschen Angst haben schlagen sie oftmals leider auch blindlings um sich. Das ist eine menschliche Realität und kann ja auch in vielen anderen Bereichen beobachtet werden.

Aber wie kann man damit umgehen? Das Wissen um die Hintergründe lindert den Schmerz leider nicht, aber ich finde es hilft zumindest dabei die „Schuld" für die Erkrankung nicht bei sich selbst zu suchen. Denn keiner trägt Schuld daran Lupus zu bekommen, wirklich keiner!!!! Und für mich ist es zur obersten Priorität geworden das Gefühl für meinen eigenen Wert trotz Krankheit, trotz verletzender Äußerungen anderer, nicht aus den Augen zu verlieren und zur Not lasse ich dafür (wenn es wirklich sein muss) jemand anderen auch einfach mal „im Regen" stehen.

Jetzt wünsche ich Dir aber zunächst einmal, dass Du in Deinem Umfeld auch Menschen findest die in der Lage sind die Situation gemeinsam mit Dir auszuhalten. Ansonsten findest Du hier sicherlich jederzeit Menschen, die verstehen was es bedeutet krank zu sein, mit denen Du Dich austauschen kannst und die ein offenes Ohr für Deine Sorgen haben.

In diesem Sinne lass gerne wieder von Dir hören.
Jetzt erstmal alles Gute
Daniela

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Sally

46, Weiblich

Beiträge: 5

Re: Ja, aber du tust ja auch nichts dagegen

von Sally am 09.10.2017 18:22

Ja, ich kenn das auch mit den dummen Sprüchen... allerdings habe ich eines gemerkt: Sie können mich nur treffen wenn ich selbst an dieser Stelle nicht im Einklang bin.

Verstehst du was ich meine? Wenn die ICH die rosa hose toll finde, kann mich keiner Angreifen. Tut auch niemand, weil ich genau das Ausstrahle. Wahrscheinlich machst du deiner Meinung nach wirklich zu wenig für dich... sonst würd das alles besser abprallen. Also haben die schon iwie Recht...

Tu bitte was für dich! Vor allem für dein Selbstbewusstsein. Solche Sprüche dürfen nicht schmerzen! Du hast einfach andere Sorgen.

Eine Bekannte von mir hat immer soooo vorbildich gesund gelebt. Jetzt kämpft sie mit Krebs. Jeder der Sie kennt sagt: Warum die? das kann doch nicht sein, so gesund wie die immer war... aber vielleicht auch zu gesund?

Menschen haben große Angst krank zu werden. Eine Krankheit die daher geflogen kommen kann, ist somit nicht zu akzeptieren. Der Schluldige muss der Kranke also schon selbst sein.

Es hat sicher nichts mit dir zu tun, sondern mit Ihrer eigenen Angst.

Also nochmal auch von mir:
TU was für dich, und überdenke vielleicht hierzu auch die ein oder andere Freundschaft

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DieD

41, Weiblich

Beiträge: 7

Re: Ja, aber du tust ja auch nichts dagegen

von DieD am 12.10.2017 14:54

Vielen Dank für die lieben Worte. Mittlerweile sind auch ein paar Tage ins Land gegangen und ich kann da jetzt auch drüber stehen. Keine von uns hat sich je gewünscht, so eine komplexe und unberechenbare Krankheit zu bekommen.

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Socke

57, Weiblich

Beiträge: 103

Re: Ja, aber du tust ja auch nichts dagegen

von Socke am 13.10.2017 12:04

Hallo Dany,

schön zu hören, dass Du in der Zwischenzeit etwas Distanz gewinnen konntest. Und Du hast Recht, niemand sucht sich eine solche Erkrankung aus. Trotzdem ist es immer wieder so, dass man sich nach außen hin abgrenzen muss. Zumindest habe ich im Laufe der Jahre immer wieder diese Erfahrung machen müssen und je nachdem wie es mir gerade geht kann ich mal besser, mal schlechter damit umgehen.

Wichtig ist glaube ich, dass man mit den Verletzungen (die unüberlegte Äußerungen nach sich ziehen) nicht alleine bleibt. Deshalb immer wieder reden, reden und nochmals reden. Sich gegenseitig den Rücken stärken.

Ich denke hier im Forum ist sicherlich  ein guter Ort dafür. 

In diesem Sinne, erstmal alles Gute
Daniela

  

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