Wie kann ich am Besten helfen?
[ Nach unten | Zum letzten Beitrag | Thema abonnieren | Neueste Beiträge zuerst ]
Wie kann ich am Besten helfen?
von Kokosfloeckchen am 15.03.2012 16:00Hallo zusammen,
bei meiner Suche nach Hilfe und Unterstützung bin ich im Netz auf diese Seite gestoßen. Es ist schön, dass es dieses Forum gibt - und auch, dass es hier einen Bereich für Angehörige gibt.
Ich freue mich über jeden, der Zeit und Lust hat, meinen nun folgenden Bericht zu lesen - und mir vielleicht helfen zu können! Da es in ein paar Sätzen schwierig zu schildern ist, wird es wohl etwas mehr werden - ich hoffe, das ist in Ordnung.
Mein Mann hat im vergangenen Monat die Diagnose SLE bekommen und ich bin ehrlich: Das war ein harter Schlag für uns. Aber am Besten fange ich vorne an, damit ihr auch alles richtig verstehen könnt.
Das letzte Jahr war sehr stressig für uns, besonders für meinen Mann. Er hat im Frühjahr den Job gewechselt, musste von da an viel mehr arbeiten und war kaum noch zuhause. Er ist eigentlich nicht der Typ Mensch, der so etwas gerne hat, aber er wollte mehr Geld verdienen. Unsere Hochzeit war in Planung und er wollte sie gerne finanziell stemmen können, ohne Schulden zu machen. Das haben wir nun auch geschafft - aber zu welchem Preis, frage ich mich heute? Er konnte den Job nicht lange machen - bis September, dann ging es nicht mehr. Im August bekam er eine Regenbogenhautentzündung in einem Auge - und damit begann die Odyssee, von der hier viele andere auch schon berichtet haben.
Zuerst zum Rheumatologen - dort sei aber alles ok.
Dann fing das andere Auge auch an, er konnte stellenweise kaum noch sehen, die Augen waren dermaßen gerötet und entzündet, dass ich schon Angst bekam, er wird blind. Anfang November kam dann ein Hörsturz dazu. Auf zum HNO, der ihm Infusionen verpasst hat. Mehr könne man da nicht machen. 2 Wochen Infusionen, leichte Besserung, aber keine Heilung. Sein Gehör war so beeinträchtigt, dass er auf einem Ohr teilweise gar nichts mehr hören konnte und permanent unter Ohrgeräuschen litt. Dazu kam dann auch noch eine wochenlang andauernde Nasenenbenhöhlenentzündung.
Er bekam dann also Coritsontropfen für die Augen, Cortisonspray für die Nase. Dann kam noch ein Hautausschlag dazu - hier dann bitte Cortisonsalbe.
Ende September ging es ihm noch "relativ gut", wir haben tatsächlich geheiratet und alles war traumhaft. Die Symptome jedoch gingen nicht weg.
Es folgten: Hausarzt (O-Ton: "Machen Sie mal mehr Sport, dann wird das schon werden!"), Rheumatologe, Orthopäde (wegen extremer Nackenverspannungen und Kopfschmerzen über Wochen), HNO, Krankenhaus, Heilpraktiker, Chinesische "Heilkünstler" usw. Er bekam Massagen, Akupunktur, wir haben wirklich alles versucht, was möglich war.
Er hat sich zum Jahresende immer mehr in sein Krankheitsbild hineingesteigert, er war kaum noch zu beruhigen. Er hat wirklich bei jedem Raumwechsel, auch zuhause, selber Hörtests gemacht, um zu sehen, inwieweit sein Gehör funktioniert oder nicht. Es gab kein anderes Thema mehr. Nur noch Ohren, Nacken, Augen. Ein normales Gespräch war nicht mehr zu führen, egal worüber. Er ist jetzt seit Anfang November AU und da ich in Vollzeit arbeite, hatte er viel zu viel Zeit für sich, in der er sich verrückt gemacht hat.
Am 2. Januar diesen Jahres war es dann leider so weit: Er hat sich, während ich arbeiten war, selber in eine Psychiatrie eingewiesen. Im Nachhinein betrachtet, war das ein wirklich mutiger und guter Schritt! Im ersten Moment war ich geschockt! Aber so haben wir Ärzte, wirklich gute Ärzte, gefunden, die endlich die richtige Diagnose gestellt haben und jetzt helfen.
Die Psychologin war spitze - er wurde nicht erst einmal mit Psychopharmaka behandelt - lediglich beruhigt. Er hat ein Beruhigungsmittel bekommen und das war es für's erste. Dann wurden die nötigen Untersuchungen eingeleitet und der Chefarzt der Klinik, hat sich seines Falles angenommen. Nun wissen wir endlich, was er hat! SLE - was ist das eigentlich?
Wir haben viel gefragt, viel gegoogelt (was nicht immer empfehlenswert ist, wie ich festgestellt habe - am Anfang hat mein Mann nur gegoogelt und anhand seiner Symptomatik hatte er jeden Tag etwas anderes - vom Vitamin B12-Mangel bis hin zum Gehirntumor). Ich finde es erschreckend, wie wenig man doch über solche Autoimmunerkrankungen weiß.
Bei meinem Gatten werden, so sagte man uns, die Nieren beeinträchtig, da er rote Blutkörperchen und Eiweiß ausscheidet. Hinzu kommt das Schmetterlingserythem (ich hoffe, ich habe das jetzt richtig geschrieben), was bisher aber so schlimm noch nicht ist - und hoffentlich auch bleibt.
Er wird nun mit Cortison behandelt und einem Langzeitpräparat, was das Cortison nach 3 Monaten komplett ablösen soll. Hoffen wir, dass alles hilft und gut geht!
So - das war ja schon einiges an Text. ;) Und ich bin noch lange nicht fertig. *lach* Es tut ehrlich gut, das alles mal zu schreiben und das in dem Wissen, Gleichgesinnte anzusprechen. :)
Ich möchte auch gerne ein wenig über die Persönlichkeit meines Mannes erzählen - das hilft ja vielleicht. Ich denke mir immer, je mehr Informationen man hat, umso besser kann man "arbeiten", helfen usw.
Also: Mein Liebster ist von Natur aus ein sehr liebenswürdiger Mensch. Er ist hilfsbereit, jederzeit freundlich und respektiert seine Umgebung. Er ist ein wundervoller Partner, den ich für nichts auf der Welt eintauschen möchte, er ist immer da, wenn ich ihn brauche. Er versteht mich wie kein zweiter, kann zuhören (ja, auch Männer können das :p) und steht einem immer mit Rat und Tat zur Seite. Er ist eine treue Seele und mit Gold nicht aufzuwiegen. Seit nunmehr 7 Jahren kämpfen wir Seite an Seite gegen die Unwägbarkeiten des Lebens, sei es Jobverlust, Verlust von Angehörigen, Streitigkeiten im Freundeskreis, Stress im Job mit der Familie usw. Wir halten immer zusammen und sind, einfach ausgedrückt, ein Dream-Team.
Sein Manko allerdings ist tatsächlich sein negatives Denken. Dies äußert sich immer darin, dass er über alles Neue grundsätzlich erst einmal negativ denkt. Auch über andere Menschen, seien es Familienmitglieder oder Freunde. Auf Dauer ist das so relativ anstrengend - da ich das genaue Gegenteil bin. Allerdings sei dazu gesagt, dass ich für ihn wohl eine Ausnahme darstelle. ;) Wie dem auch sei - eine so negative Einstellung zu haben, ist natürlich nicht gesund. Das sage ich schon seit Jahren. Nun - wo er leider erkrankt ist - versteht er mich. Er sieht ein, dass das Leben mehr zu bieten hat und man es sich nur nehmen muss. Dass es mehr gibt, als Arbeit und Besitz. Nun sieht er die schönen Dinge im Leben endlich als schön an! Nun sind Familienfeste keine blöde Verpflichtung mehr, die nerven - Nein, jetzt sind sie schön und machen Spaß! Jetzt versteht er die Problematik anderer Menschen, Krankheiten z. B. und die daraus resultierenden Konsequenzen. Nun versteht er, warum ich bei einem Buch oder Film so gut entspannen kann - man muss aus allem Kraft schöpfen. Jeden Tag leben, jeden Tag genießen. Arbeit und Geld sind gut - aber nicht alles. Familie, Herz und Seele - das ist alles! Das predige ich wirklich, seit wir uns kennen. Und jetzt setzt das Begreifen ein. Er versucht wirklich, mit seinem SLE so gut umzugehen, wie er kann. Arbeiten darf er noch nicht - und wir wissen nicht, wann und ob er wieder darf. Das belastet ihn natürlich sehr. Nicht zu wissen, was die Zukunft bringt, ist schwer zu akzeptieren. Mit einer chronischen Krankheit zu leben, ist auch schwer zu akzeptieren und das braucht Zeit. Da ich selber chronisch erkrankt bin seit fast 10 Jahren, kenne ich seine Gefühle und verstehe ihn vollkommen. Ich denke, das macht es uns etwas leichter, mit dieser Situation umzugehen. Ich bin unendlich stolz auf ihn und seine Wandlung, die er im Moment mitmacht. Er geht den Lupus an - er nimmt ihn nicht einfach hin. Das ist viel wert, denke ich. Er sagt immer, ein Satz von mir hätte ihn unheimlich geprägt: "Du musst die Krankheit beherrschen, und nicht die Krankheit dich." Das habe ich vor Wochen mal zu ihm gesagt - weil es für mich so ist. Lebe dein Leben und entscheide selbst, was mit dir passiert - sofern du es kannst.
Wir streben nun eine Psychotherapie für ihn an, damit er seine Ängste und Panikattacken (die er leider zwischendurch immer noch hat) beherrschen lernt. Ich versuche immer, ihm ein gutes Gefühl zu geben, ihm zu zeigen, dass er nicht alleine ist. Auch, wenn ich arbeiten bin, bin ich für ihn immer erreichbar. Ein Hoch an dieser Stelle auf die moderne Technik!
Ihm zuzuhören, jederzeit, ist für mich selbstverständlich und ihm so gut es geht, zu helfen. Aber nun kommen wir (endlich ;)) zu meiner Frage: Wie genau helfe ich ihm am Besten?? Meine Versuche, ihm ein positives Lebensgefühl mitzugeben, fruchten nun - er gibt sich redliche Mühe. Sofern ich das nun sagen kann, beeinträchtigt der SLE unsere Beziehung nicht, oder kaum. Dennoch möchte ich meinem Mann seine neue Lebenssituation so angenehm wie möglich machen. Vielleicht habt ihr wirklich Tipps für mich, die uns helfen.
Ich könnte noch ewig weiterschreiben, es gibt so viel zu erzählen. Aber ich denke, das hier reicht für's erste. ;) Ich freue mich über jede Antwort!
Kokosflöckchen
Re: Wie kann ich am Besten helfen?
von CBRKessie am 15.03.2012 18:28Hallo Kokosflöckchen
Das ist so ziemlich in einem Satz zu sagen * Sei immer ( wie auch bisher ) für ihn da *
LG Sylke
Im Himmel sind Engel NICHTS besonderes
Re: Wie kann ich am Besten helfen?
von Theo_1956 am 05.01.2014 11:01Hallo Kokosflöckchen,
ich muss sagen es war sehr anstrengend Deinen Bericht zu lesen. Ist ein wenig lang aber ich verstehe Dich denn ich habe selber SLE und weis genau was Dein Mann mitmacht.
Es ist sehr schwer als Mann mit anderen Männern oder Frauen über eine schwere Krankheit zu reden denn unsere Gesellschaft akzeptiert schwache Männer nicht.
Dein Mann ist sehr verantwortungsbewusst und hat hart gearbeitet - wie ich - und dieser unsägliche Stress hat den Lupus ausgelöst.
Du kannst ihm helfen in dem Du vor allem bei der geliebten Verwandtschaft wirklich kämpferisch hinter ihm stehst. Dein Mann muss lernen offen über seine Probleme zu reden und das wird sehr, sehr schwer sein.
Schaue mal in meine Homepage die Seiten - Man sieht ja nichts und ich war blind. Mehr Tipps kann ich Euch leider nicht geben alles andere an Mitleidsbekundungen wäre armseelig.
Schöne Grüße viel Erfolg Theo
riphaus.cabanova.de