Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
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Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
von Goldblatt am 16.10.2011 00:54Hallo zusammen,
ich bin 45 Jahre und erhielt die Diagnose System. Lupus erythematodes 1992. Oh, wie ich das Wort nicht leiden kann. Wer hat sich die Endung - todes ausgedacht? Da finde ich die Kurzform "Lupi" schmeichelhafter.
Ich habe 2 erwachsene Söhne mit 24 und 20 Jahren. Der Lupi brach bei mir erstmals stärker mit Nierenentzündungen aus, als ich 16 Jahre war. Schon als kleines Mädchen hatte ich mit Anämie und Müdigkeit zu kämpfen, weshalb ich dann auch keine große Studienkarriere anstrebte, sondern mich für einen Beruf als Dreher entschied, was zu dieser Zeit noch sehr ungewöhnlich für eine Frau war. Aber wie die meistens Lupis strebte ich stets heiter und kämpferisch nach dem "alles alleine schaffen zu wollen" - Perfektionismus. Tja, und dann begann mich mein Körper niederzuringen. 10 Jahre vergingen mit zahlosen Arztbesuchen, hoffen, bangen und Selbstaufgabe, bis ich wirklich bereit war mich meiner Angst zu stellen und dann endlich an einen Arzt geriet, der dann ziemlich schnell die Diagnose stellte.
Was dann kam, kennen die meisten hier. Cortison, Endoxan, Azathioprin und noch viele weitere Medikamente. Bei mir war der Lupus so weit fortgeschritten, dass ich eine Proteinurgie von über 10000 (Lupus Nephritis WHO IV-V) hatte, zudem eine Herzbeteiligung mit Mitralklappeninsuffizienz. 2001 wurde eine Rekonsturuktion der Herzklappe in München durchgeführt.
Was für mich (und meinem Partner) ganz wichtig war, immer weiter zu 100% zu "funktionieren". Arbeiten, Kinder, großes Haus, Garten..., aber dadurch hatte auch mehrere schwere Schübe. Mein Ziel, eine Remission zu erreichen, schaffte ich erst, als ich mich 2006 aus meiner Partnerschaft löste. Zu diesem Zeitpunkt war ich wieder sehr krank, hatte schwere Depressionen, Wasser in der Lunge, furchtbare Nervenschmerzen, lebte zurückgezogen in meinem kleinen Zimmer und war völlig am Ende. Also hatte ich die Wahl. Entweder sie tragen mich mit den Füßen voraus aus dem Haus oder ich machte den Schritt und lies das kleines bisschen Sicherheit das ich hatte zurück und trennte mich. Was allerdings auch bedeutete, dass ich meine Kinder nicht mehr sehen würde, denn mein Partner hatte mir schon viele Jahre damit gedroht, dass wenn ich gehen würde, er dafür sorgen würde, dass ich meine Kinder nicht mehr sehen werde. In den Gesprächen die ich vor der Trennung führte, wurde mir klar, dass er bereits mit meinem Tod rechnete, indem er mir sagte, dass er dachte, ich überlebe diese Woche nicht mehr. Diese Trennung von den Kindern war die schwerste Entscheidung in meinem ganzen Leben und durch welche Hölle ich die nächsten Jahre ging, kann sich vielleicht manche Frau und mancher Mann vorstellen.
Ich arbeitete zu diesem Zeitpunkt nur noch auf selbständiger Basis als Kosmetikerin. Also wurde alles aus dem Studio im Haus verkauft, ich musste Insolvenz anmelden und begab mich wieder ins Krankenhaus mit anschließender Endoxantherapie. Gesundheitlich ging es danach bergauf. Ich bin seit 2007 in Remission, konnte das erste Mal nach 15 Jahren sogar das Cortision absetzen und der Lupus ist seitdem - bis heute - ruhig. Ich bin in ständiger Behandlung, aber dennoch erkannten die Ärzte und Kardiologen nicht, dass der Zustand meines Herzens immer schlechter wurde. Ich beantragte Rente und musste dabei zu einer ärztlichen Begutachtung für 3 Tage in eine Rehaklinik. Mir war ganz bange. Ich wusste nicht, wie ich den Weg dorthin körperlich noch bewerkstelligen sollte. Dort angekommen, stellte sich bei der ersten Untersuchung heraus, dass ich unter lebensbedrohlichen Kammertachykardien litt und man beförderte mich sofort mit dem Notarzt in die Klinik. Die Ablation (Verödung) ließ ich gegen den Willen der dortigen Krankenhausärzte erneut München durchführen, die nach einem Telefonat gerne bereit waren mich dort aufzunehmen. Man stellte dabei unter anderem fest, dass ich eine Mikrozirkulationsstörung des Herzens habe, was bedeutete, dass durch den Lupus die äußeren Gefäße der Herzens zerstört waren. Nun wusste ich endlich nach so vielen Jahren, warum ich so schnell erschöpft war, obwohl die Ärzte immer predigten, dass doch am Herzen außer einer geringen verbliebenen Undichtigkeit der Mitralklappe alles bestens wäre.
Ich hatte kein Auto mehr, weil mein Ex es wegen fehlender Unterhaltsleistungen pfänden ließ und so fuhr ich mit öffentlichen Verkehrsmittlen. Dies führte dazu, dass ich den darauffolgenden Winter mit 39 - 40 Grad Fieber im Bett verbrachte. Wieder im Krankenhaus stellte man fest, dass ich eine Herzmuskelentzündung hatte, mehrere Influenzaviren in meinem Blut und die Herzleistung auf 35 % gesunken war. Mir reichte es ! Mein Ex lies zu diesem Zeitpunkt einen beträchtlichen Teil meiner Rente pfänden und es hieß vor Gericht, ich solle einer Erwerbstätigkeit nachgehen um meiner Verpflichtung nachzukommen. Weil ich die Miete nicht mehr zahlen konnte, verlies ich meine soeben eingerichtete Wohnung, die Stadt, meine Familie und zog auf einen Campingplatz. Dort konnten sich mein angegriffenes Herz und ich endlich erholen. Für den Lupus brauchte ich zu diesem Zeitpunkt bereits keine Medis mehr. Ich ging auf Wanderschaft in die Berge, war in der Schweiz, in Italien und 2 Jahre ohne festem Wohnsitz, bis ich nun glücklich und in Frieden den Schritt wagte und erneut in der Umgebung meiner Familie ein kleines Häuschen mietete, wo ich jetzt wohne.
Was die Odysse bis zur Diagnose angeht, dazu habe ich mich in meiner Vorstellung kurz gehalten, denn die meisten Lupis kennen diesen beschwerlichen Weg, jedoch hoffe ich, dass ich mit meinem Bericht Mut mache. Mut, den möglcihen Ursachen auf den Grund zu gehen. Warum, Weshalb, Wieso bekämpft mich mein eigener Körper? Was ist es, das ich an mir nicht Wertschätze? Angst? Selbstwert? Woran kämpfe ich? Es kann oft nur eine Kleinigkeit sein. Bitte, ich möchte mit meinen Worten niemanden zu nahe treten. Vielleicht ist es ja nur wirklich der Körper. Aber mir reichte diese Erklärung nie und ich berichte nur meine Erfahrung. Ich beschäftige mich seit vielen Jahren intensiv mit Spiritualität und der Wissenschaft des Körpers und des Gehirns. Jeder von uns Erdlebenden hier hat seine Stärken und Schwächen. Deshalb sind wir hier.
Liebe Grüße Elke
PS: Ich habe die Nierenbeteiligung seit inzwischen 30 Jahren und sie funktionieren immer noch. Ich pfeife auf die Statisitken! Nach diesen müsste ich schon längst an der Dialyse sein.
Die größte Entscheidung Deines Lebens liegt darin, dass Du Dein Leben ändern kannst,
indem Du Deine Geisteshaltung änderst (Schweitzer)
Renate
Gelöschter Benutzer
Re: Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
von Renate am 16.10.2011 09:42Ich denke nicht, dass die Erkrankung mit wenig Selbstwertgefühl, Angst oder ähnlichem zu tun hat.
Die Veranlagung zu Autoimmunerkrankungen ist bzw. kann familiär bedingt sein, Auslöser gibt es dann mehrere, die haben aber nichts mit geringer Wertschätzung usw. zu tun. Auch Babys und Kleinkinder können und haben schon Autoimmunerkrankungen.
LG Renate
Re: Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
von Uta am 16.10.2011 10:21Hallo Elke,
alle Achtung, wie du das geschafft hast. Du warst ja wirklich ganz unten und dann auch noch allein.
Manche "Gesunde" schaffen das noch nicht mal.
Liebe Grüße Uta
Re: Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
von Kaffeejunkie am 16.10.2011 12:12Hallo Elke,
herzlich Willkommen im Forum.
Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht. Ich finde es ganz toll, wie du alles gemeistert hast und habe hohe Achtung vor deinen - bestimmt nicht leichten - Schritten, die dich letztendlich dahin gebracht haben, wo du jetzt bist.
@Renate:
Sicherlich hast du nur vergessen, Elke erstmal willkommen zu heißen, bevor du dir dein "rotes Tuch" aus ihrem Bericht rausgepickt hast und deinen offenbar unvermeidlichen Kommentar in Richtung .. ist alles rein körperlich, da ja veranlagt ... loswerden musstest.
Kaffeejunkie
Renate
Gelöschter Benutzer
Re: Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
von Renate am 16.10.2011 12:17ist alles rein körperlich ? Nun das habe ich so nicht erwähnt. Stress kann ja auch ein Auslöser der Erkrankung sein. Mit der Veranlagung in sich tragen ist ja die Krankheit noch nicht ausgebrochen, es braucht dann noch einen Auslöser und da gibt es mehrere. Und was ich loswerde oder schreibe, ist ja nicht deine Angelegenheit.
Im übrigen habe ich auch schon ganz viele Jahre ganz viel gemeistert mit Erkrankung und tu es immer noch.
Renate
Gelöschter Benutzer
Re: Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
von Renate am 16.10.2011 12:21Das habe ich mir auch schon oft gedacht, warum das mit todes aufhört das Wort.
Conny
Gelöschter Benutzer
Re: Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
von Conny am 17.10.2011 19:57Hallo Elke,
erst einmal ein herzliches Willkommen,
da hast Du wirklich schon einiges mit gemacht, und auch sehr schwere Entscheidungen treffen müssen.
Manchmal ist es ganz gut, wenn man von vorne anfängt, auch wenn man auf einiges verzichten muss, es geht einem besser.
Re: Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
von CBRKessie am 18.10.2011 17:51Hallo Elke
Auch von mir erst einmal ein Herzlich Willkommen. Deine Lebensgeschichte ist ja wirlich hart und doch mit Happy End. (Gott sei Dank ) Man sollte vielleicht dochmal das eine oder andere in seinem Leben überdenken.
Ich wünsche Dir weiterhin alles Gute.
LG Sylke
Im Himmel sind Engel NICHTS besonderes
Re: Eine farbenfrohe nicht unterzukriegende Schmetterlingsfrau stellt sich vor
von Howlingwolf am 21.10.2011 22:46Hallo Elke, ich habe gerade Dein Leben in der Zusammenfassung gelesen, wow, Du bist durch die Hölle gegangen und Gott sei Dank wieder halbwegs heil heraus gekommen. Stress ist nicht gerade förderlich für uns Lupuserkrankte, wie Du ja am eigenen Leibe erleben durftest und auch richtig erkannt hast.
Ich hoffe,daß Du jetzt zur Ruhe kommen und hier ein Plätzchen findest, wo Du genesen kannst. Hier sind viele Wolfsdompteure, die Dich verstehen und Dir Mut machen, Deine Zeilen lesen, mitempfinden und Rat anbieten. Ist die zerrüttete Beziehung zwischen Dir und Deinem Mann wieder besser? Glaubt er wenigstens wieder an Dich und behandelt Dich besser? Viel wichtiger für Dich als Mom: Darfst Du wieder Kotakt zu Deinen Kindern haben? Unverschämt ist, daß er Deine Lage ausgenutzt hat, Dir gings elend und er untersagt Dir den Kontakt zu den Kindern. Er rechnet mit Deinem Tod, statt Dir zu helfen wieder auf die Beine zu kommen , ich bin noch immer sehr betroffen, aber auch froh, daß Du einen Weg aus der vertrackten situation finden konntest.
Ich hätte die Kraft nicht gehabt, ich bin immer um Ruhe bemüht und vertrage nicht viel seit ich in frühester Kindheit erkrankt bin, aber Du hast ja ganz sachlich abgewägt und für Dich keine andere Lösung gesehen, vlt. muß frau auch in solch eine Lage geraten, da wächst sie über sich hinaus, krank oder nicht, spielt dann keine Rolle, sie macht, was notwendig ist, um zu überleben und wieder glücklich zu sein.
Ich beneide Dich für die Kraft, die Du aufbringen konntest und bete, daß Du es nie wieder so schwer hast wie in der Vergangenheit, denn der lupus kostet schon viel Kraft, die sollte dann nicht in andere Kämpfe vergeudet werden, so daß Du dem Wolf was entgegen zu setzen hast, damit er Dir vom Hals bleibt, wenn er wieder angeschlichen kommt.
Welcome my dear Butterfly, show us your colors!!!! :)
P.S.: Ich bevorzuge lieber systemic lupus erythematosus, klingt medizinisch aber nicht so letal :) müde Grüße und gute Nacht, auch unter Wölfen gibt es Nachteulen ;)
Auf Regen folgt immer Sonnenschein!