die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
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die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von solea am 12.06.2012 11:12Hallo zusammen,
obwohl ich das Thema gerne mit einem Augenzwinkern sehen möchte, da ich weiß, dass das Thema ja absolut individuell zu klären ist, möchte ich doch gerne von Euren Erfahrungen lernen.
Wenn ich mich in unserem Forum rumhöre gibt es ja die Teilnehmer, die sich ihr Leben so gut wie möglich schon einrichten konnten, aber auch viele, mich eingeschlossen, die noch auf der Suche sind und nicht wissen, welche Ziele erreichbar sind und gut in Einklang mit der Erkrankung zu bringen sind.
Wünschen würde ich mir ganz praktische Tipps:
- Wie sollte der zukünftige Arbeitsplatz aussehen (Zeitmodell, Inhalte, äußere Faktoren, Rente...)?
- Wie sollte der Wohnort aussehen (klimatisch, Barrieren, städtisch, ländlich...)?
- Welche Unterstützungen kann/sollte man einfordern zur Bewältigung des Alltags (Familie, Ämter, Behörden, Freunde, Nachbarn...)?
- Welche Beschäftigungen fordern, aber überfordern nicht, sind durchführbar (Hobbys, Ehrenamt, Projekte...)?
- Wie organisiert man die Krankheit mit dem Alltag, welche Arztbesuche sind zu viel, zu wenig, welche Hilfen kann es da geben?
- Was ist hilfreich in der Partnerschaft, in der Beziehung zu Kindern, Familie?
- Was hilft, außer die medikamentöse Therapie, gegen die Beschwerden (Krankengymnastik, Sport, Wärme, Kälte, Entspannung, Yoga, Psychotherapie, das Forum, Musik, Tanzen...)?
da gibt es bestimmt noch viele Themen, die euch vielleicht einfallen.
Vielleicht mag der ein oder anderen zu einem oder zu mehreren Themen aus seiner Erfahrung heraus etwas schreiben?
Ich würde mich sehr freuen und es wäre für mich eine Hilfe.
Liebe Grüße
solea
Re: die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von Leya am 14.06.2012 03:39Hallo Solea,
ich denke, eine Zukunftsplanung, die alle Eventualitäten der Erkrankung berücksichtigt, kann es nicht geben.
Da wir auch nicht mit Bestimmtheit sagen können, wie es uns, sagen wir mal z. B., in einem Jahr gehen wird, lässt sich auch keine Zukunftsplanung auf einen konkreten Zustand hin durchführen. Insofern müsste sich eine Planung am jetzigen Befinden ausrichten - es sei denn, man befände sich in einem Schub. Dann würde ich das Prinzip Hoffung und Zuversicht einbauen -.
Eins allerdings ist mir bereits aufgefallen: Die Zeichen des Alters wirken sich bei uns (jedenfalls ist es bei mir so) früher und vielleicht stärker aus (es ziept mal hier und zwickt mal dort: Eben das, was vorher nicht war und auch nicht lupusbedingt ist). Ich würde daher auf Barrierefreiheit achten.
Eben, weil das Befinden eines jeden Betroffenen unterschiedlich ist und daher auch die Erfordernisse an Arbeiten, Wohnen und Umfeld, werden die Antworten, denke ich, sehr verschieden ausfallen.
1. Arbeitsplatz
Antwort: Rente
Begründung: Zu krank zum Arbeiten
2. Wohnort
Antwort: Großstadt-Stadtrand
Begründung:
a. Niemals ländlich, da medizinische Versorgung schlecht
b. Kurze Wege (lange lässt der Lupus nicht zu)
3. Unterstützung
Antwort: Alle Behörden und Organisationen. Alles, was selbst bezahlt werden kann oder von anderer Seite (Sozialvers. o.ä.) übernommen wird.
Begründung: Bitten und Betteln und auf andere und ihren guten Willen und ihre Verfügbarkeit angewiesen zu sein macht den Kranken zum Bittsteller. Eine für mich unerträgliche Situation.
4. Hobbies
Antwort: - keine Antwort, da abhängig von Interessen, Fähigkeiten und Befinden und dem Wunsch oder der Ablehnung des Kontaktes mit anderen Menschen, ebenso davon, ob Termine (Termindruck!) gewünscht bzw.überhaupt erträglich ist.
5. Krankheit im Alltag
Antwort: - keine, da abhängig vom jeweiligen Alltag.
6. Hilfreich in Partnerschaft/Familie
Antwort: - keine, dabei wäre ich ein ungeeigneter Ratgeber
7. Hilfreich gegen die Beschwerden - außer Medikamente -
Antwort: - keine, da abhängig von den Beschwerden
Gruß
Leya
Biene
Gelöschter Benutzer
Re: die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von Biene am 05.07.2012 09:17Hallo,
ich habe den Thread gerade erst gelesen. Da ich die Fragen sehr interessant finde, da ich mir diese Gedanken acuh schon gemacht habe, würde ich diesen Thread gerne noch einmal hochschieben. vielleicht finden sich ja noch andere Meinungen dazu.
Persönlich denke ich, dass es nicht einen Weg gegebn kann, aber es wäre vielleicht schön, wenn andere noch von ihren Erfahrungen dazu berichten könnten.
ich fange mal an:
Arbeitsplatz: ich musste meinen Beruf wechseln - die vorherige Arbeit war körperlich zu anstrengend. Bürojob wäre angebrachter.
Wohnort: naja, es stimmt schon, was Leya schreibt: nicht zu ländlich. Gut, aber wenn es mir persönlich gefallen würde, dann würde ich es doch machen. Es sei denn, die Versorgungssituation ist wirklich sehr schlecht. Großstadt finde ich persönlich nicht so gut - bei mir produziert es Stress, außerdem ist die Luft nicht gerade gesund.
Klimatisch bräuchte ich es ganzjährig in einem angenehmen Temperaturbereich von ca. 15 bis max. 24 Grade und nicht zu windig. Da müsste ich wohl auswandern.
Unterstützung: da finde ich ganz wichtig, dass man im persönlichen Umfeld auf Verständnis trifft und Unterstützung bekommt. Leider ist das nicht immer der Fall, da Unverständnis anderer...
Familie/Partnerschaft: ein verständnisvoller Partner wäre gut - hat man das in der Hand?
Hobbies: halte ich für wichtig; alles, was Spaß macht und wozu man Kraft hat. Ich mache z.B. Musik (musste aber auch hier aufgrund der körperlichen Beschwerden mein Instrument wechseln und mich dem anpassen - gut, so habe ich noch was dazu gelernt.) Sport sollte nicht zu anstrengend sein und ist bei mir abhängig vom täglichen Befinden (wichtig ist mir, dass ich wenigstens meine Gelenke mal bewege und versuche, dass die Muskeln nicht zu sehr abbauen). Yoga finde ich ganz gut.
Es baut auch Stress ab.
im Alltag: nun, das ist abhängig vom Befinden. Mal macht es mir mehr, mal weniger Probleme.
hilfreich gegen die Beschwerden außer Medikamente bei mir: Physiotherapie, gut verträgliche Ernährung (auch aufgrund meiner starken Allergieneigung und den Unverträglichkeiten von Lebensmitteln), Vitamine und Mineralstoffe (wenn nötig ergänzen - hilft mir, ein besseres Allgemeinbefinden zu bekommen), Stressreduktion
So, das waren jetzt meine persönlichen Antworten dazu.
lg Biene
Re: die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von SabineS am 14.07.2012 19:59... wie wäre es mit den kanarischen Inseln? Das käme so ungefär hin.
LG, Sabine S
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
hanfkeks1
Gelöschter Benutzer
Re: die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von hanfkeks1 am 19.07.2012 09:35Es kommt eh anders als geplant, es kommt wie es kommt. Mein Motto: Lebe jeden Tag wie es dir gefällt, ich plan nicht vorraus, ich lebe heute.
Re: die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von SabineS am 21.07.2012 20:33Hallo Hanfkeks,
ich lebe eigentlich auch heute. Aber manche Dinge muss ich eben doch planen, z. B. Urlaub. Und den besonders gut, da ich ja einige Dinge als Lupi beachten muss. Aber wenn ich verreisen will und kann, tue ich es auch. Wer weiß, bis wann ich noch kann.
LG, Sabine S
Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Re: die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von Thea40 am 22.07.2012 10:37Nicht mit Ballast beschäftigen. Ballast raubt Kraft.
Bei mir steht nichts rum, was nur zum Abstauben dient.
Ich muss mein Herz nicht an Dinge hängen, die ich nicht haben kann.
Unnütze Gedankenkreise werden in Seidenpapier verpackt bei ebay versteigert.
Gelangweilte Menschen bekommen ein freundliches Lächeln, Guten Tag und Auf Wiedersehen.
Jedes Tierchen muss seinen Platz finden. Der ist nicht unbedingt bei mir.
Meine Leute wissen von meinen Schwierigkeiten und verstehen mich.
Ich lege mir abends die Dinge für den nächsten Tag zurecht.
Ich plane abends oder schon die Woche vorher, wie ich alles schaffen kann.
Ich habe Zeitpuffer und Notfallpläne.
Ich plane Schönes und genieße es.
Krisentelefon oder Weihnachtsmarkt
Re: die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von Dornroeschen am 22.07.2012 16:09Hallo, hier meine Antworten.
Liebe Grüße von Dornröschen
1. Arbeitsplatz
Ich arbeite im Büro in einem Scrum Entwickler Team. Wir setzten uns alle 2 Wochen gemeinsam erreichbare Ziele. Alle arbeiten gemeinsam an der Erreichung dieser Ziele. Dadurch bin ich nicht unter Druck.
Ich arbeite in Vollzeit und mache bei Bedarf Überstunden. Wenn ich krank bin lasse ich mich krank schreiben. Ich werde im Team vertreten.
Ich habe mich bewußt NICHT auf eine Teamleiterposition beworben, obgleich ich es sehr gern getan hätte.
2. Wohnort
Ich wohne am Rand der Stadt. Es ist ein älteres Wohnviertel, wo große schattenspendende Bäume stehen. Ein kleiner Wald ist nur 100 m entfernt, aber auch eine Apotheke. Ärzte finde ich in der Innenstadt, wo ich auch während der Arbeit häufiger Termine wahrnehme.
3. Unterstützungen
Mein Mann ist Hausmann und betreut Kinder und Hund. Dies wäre für mich zu anstrengend. Er geht darin auf.
Einfordern würde ich keine Unterstützung von Freunden oder Nachbarn. Meine Familie (Eltern, Ehemann) bietet mir Hilfe an. Diese nehme ich dankend an, solange das Maß stimmt.
4. Beschäftigungen
Ich mache keinen Extremsport und habe auch keine Ehrenämter. Ich gestalte meine Freizeit so, dass die Familie gemeinsam Spaß hat: Frisbee, Fußball, Schwimmbad, Kutschfahrt, Sommerfest, Garagenflohmarkt, Tierpark...
Das Lachen der Kinder ist das Schönste.
Danach, das wird auch immer im Familienalltag eingeplant, benötige ich etwa 2 h Ruhezeit. Dies nutzt mein Mann z.B., indem er mit den Kindern allein eine Radtour macht.
Mein momentanes Lieblingshobby ist das Füttern und Beobachten von Vögeln im Garten. Dies geht sogar im Sitzen vom Eßzimmer aus.
5. Organisation
Ich habe mit dem Arbeitgeber abgestimmt, dass Arztbesuche während der Arbeitszeit als Arbeitszeit gelten, wenn ich einen Nachweis darüber erbringe. Die Psychologentermine reiche ich jedoch nicht ein.
Regelmäßig von mir besuchte Ärzte sind: Rheumatologe (Überraschung ), Hausarzt, Augenarzt (wegen Quensyl-Kontrolle), Zahnarzt, Psychologe.
Bei Bedarf: Ohrenarzt, Nephrologe, Gastroenterologe, Frauenarzt (war schon 5 Jahre nicht da)
Einkaufen gehe ich nicht mehr. Die Lebensmittel besorgt mein Mann. Alles andere besorge ich via Ebay bequem von zu Hause aus.
6. Partnerschaft
Was soll ich sagen, ich habe Glück. Mein Partner paßt perfekt zu mir und meiner Krankheit.
Wir haben uns sehr gut organisiert und arrangiert.
7. Was hilft?
Schlaf. Viel Trinken. Gute Gedanken.
Re: die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von NiNoa am 24.07.2012 14:34Hallo auch von mir und meine Antworten:
Wie sollte der zukünftige Arbeitsplatz aussehen (Zeitmodell, Inhalte, äußere Faktoren, Rente...)?
Ich habe von 1997-2003 mein Studium absolviert und war "praktischerweise" zumeist in den Semesterferien platt, meine Magisterarbeit habe ich dann beschwerdefrei absolviert und von 2003-2005 mit einer vollen Stelle als Pendlerin im Ruhrgebiet gearbeitet - aus heutiger Sicht wohl eher too much.
Dann begann ich bei dem Arbeitgeber, bei dem ich auch heute noch tätig bin, mit (von seiner Seite gewünschten!) 32h/Woche im Frühjahr 2006 - ich selbst hätte mir damals auch eine volle Stelle zugetraut (s.o.). Dann legte der Lupus immer wilder los und mit jedem Schub verringerte sich die mir mögliche Arbeitszeit. Dass das möglich war, ist großes Glück. Aber ich habe auch immer alle Karten offen auf den Tisch gelegt und nichts der Spekulation überlassen, bzw. von meinem "tapferen" Äußeren auf mein Befinden schließen lassen. Im Herbst 2008 wurde meine volle EU-Rente bewilligt und praktisch stehenden Fußes konnte und musste ich meinen Job auf eine 400€-Tätigkeit (8-10h/Woche) schrumpfen lassen. Seit einigen Monaten ist es mir nun möglich, gelegentlich Mehrarbeit zu leisten und das macht mir auch großen Spaß - dauerhaft fühlt sich das aber noch nicht schaffbar an. Mein nächstes Ziel ist, mittelfristig wieder auf eine halbe Stelle klettern zu können. Inhaltlich habe ich natürlich zu Beginn deutlich mehr gemacht: Controlling in unserer kleinen Firma UND Projektmanagemt (vielseitig und sehr spannend). Letzteres musste ich dann gänzlich abgeben: die Flexibilität (auch zeitlich) und Fokussierung auf immer Neues war mir nicht mehr möglich. Da bot die Buchhaltung mit ihrem meist immer gleichen To-do mit einen guten Rahmen. Und ich mache auch das gern . Im Büro haben wir leider keine Klimaanlage, dass macht mir im Sommer oft zu schaffen. Aber ich konnte meine Kollegen überzeugen, frühzeitig die Rollos runter zu machen, sodass sich der Raum nicht allzu sehr aufheizen kann.
Wie sollte der Wohnort aussehen (klimatisch, Barrieren, städtisch, ländlich...)?
Wir sind im Herbst 2008 in unsere absolute Traumwohnung gezogen - die Entscheidung sah wie folgt aus: entweder wir leisten uns diese moderne, klimatisch wunderbar ausgestattete Bude oder wat Normales;) und ein kleines Auto. Es wurde die Traum-Hütte und wir fahren mit dem Radl. Alles geht nicht;).
Die Wohnung liegt ganz nah bei einem schönen Park, aber auch sehr stadtnah. Mein HA ist 5 min. entfernt, Einkaufsmöglichkeiten (auch für den 6er-Träger Wasser) sind 10-15 Minuten weit weg. Meinen Sport (Walken) kann ich im nahen Park betreiben und die Nachbarschaft ist eher älter - keine Party-Studis mehr;).
Welche Unterstützungen kann/sollte man einfordern zur Bewältigung des Alltags (Familie, Ämter, Behörden, Freunde, Nachbarn...)?
Oft war meine Not ehrlich gesagt unübersehbar - und alle haben geholfen! Mein Mann, unser Kater, Eltern, Geschwister, Freunde, Nachbarn - ich bin da echt gesegnet. Und achte auch darauf, sobald es mir besser geht, in irgendeiner Form Danksagungen zu verteilen. Einerseits höflich, andererseits halte ich so mein schlechtes Gewissen im Zaum - denn das kostet mich sonst bloß noch zusätzliche Kraft! Der Gang zur Stadt (für die Schwerbehinderung) und der zur RV fiel mir sehr schwer, hab's lange rausgezögert. Ich hatte Angst vor der self-fullfilling prophecy (a la "dann wirds gleich noch schlimmer"), aber dann hat mir ein Arzt mächtig in den Hintern getreten mit den Worten "Machen Sie es jetzt, wollen Sie vielleicht irgendwann hinkriechen? Und jetzt sind Sie noch klar im Kopf, bei echter Belastung kommt man mit dem doofen Papierkram doch gar nicht mehr zurecht!" Tja, krasse Worte und krasses Szenario, aber dann bin ich los...
Welche Beschäftigungen fordern, aber überfordern nicht, sind durchführbar (Hobbys, Ehrenamt, Projekte...)?
Ich sitze gerne am Schreibtisch und schreibe Poesie, Kurzgeschichten oder was für Kinder. Male Mandalas aus und lese mich quer durch unsere Zweigbibliothek. Bin aber auch sehr gern in der Natur, spaziere am hiesigen Aasee herum, radle gern und walke (wie schon gesagt). 1-2 mal pro Woche treffe ich mich mit Freunden und seit einiger Zeit gehe ich etwa einmal im Monat auch schon mal tanzen - aber immer bloß für ein paar Stunden, lange Nächte klappen gar nicht! Neulich haben wir eine Partie Tennis probiert, aber das ging nicht so toll (hat aber Spaß gemacht). Sprachen lernen ist fein und überhaupt mal Kurse besuchen, die man sonst nicht machen würde. Ich habe auch recht lange (so 3 Jahre, denke ich) in einer kleinen Bücherei für 3h/Woche ein Ehrenamt ausgeführt. Das ging gut und lief nur aus, weil zwei Bibiliotheken zusammengelegt wurden.
Wie organisiert man die Krankheit mit dem Alltag, welche Arztbesuche sind zu viel, zu wenig, welche Hilfen kann es da geben?
Ich habe oft über eine Selbsthilfegruppe nachgedacht (hinzugehen oder eine zu gründen). Aber ich bin partout kein Gruppenmensch und daher bin ich mit jahrelanger Einzeltherapie gut gefahren. Ich habe mir da ganz vieles angeguckt: Kindheit, Jugend, Sexualität, Lebenseinstellung und eben immer wieder Gesundheit/Krankheit. Manche Therapeuten waren besser als andere (hatte, meine ich, insgesamt fünf), aber irgendwas konnte ich immer mitnehmen. Arzt-, bzw. Kontrollbesuche über das "verordnete" Maß hinaus waren oft kritisch, ich konnte von dem ewigen Zahlenterror regelrecht abhängig werden und hatte irgendwann jeden Bezug zum eigenen Körper verloren - das war eindeutig zuviel! Aber wenn man sich beim eigenen Arzt nicht gut aufgehoben fühlt und der einem keine Sicherheit vermittelt (ich selbst war z.B. über ein Jahrzehnt "nur" beim Hämatologen, von Rheumatologie war nie die Rede!), fühlt man sich irgendwann so verlassen und verloren, dass man sich einbildet, wenn man nur immer (mind. einmal in der Woche) hinrennt, kann ja nicht soviel passieren...
Der Alltag klappte bei mir oft einfach nach: Dinge, die vorher kein Problem waren, gingen in Schubzeiten faktisch nicht mehr - gar nicht! Also habe ich sie zwangsläufig gelassen, ich hatte gar keine andere Wahl. Heute habe ich den direkten Vergleich, aber führe trotzdem eher ein kleines/ruhiges Leben - und es gefällt mir!
Was ist hilfreich in der Partnerschaft, in der Beziehung zu Kindern, Familie?
Ohne meinem Mann und seinen unermüdlichen Bezug zur Realität/Normalität hätte ich (seelisch) nicht überlebt. Er hat immer fast ganz normal weitergelebt und ich bin (wenn ich nicht gerade total danieder lag) einfach "in seinem Windschatten/Fahrwasser mitgesurft" - das hat mir unglaublich viel Halt gegeben. Wir haben uns mit 17 (ich) und 20 (er) Jahren kennengelernt, ab meinem 20. LJ war ich krank, mit 32 bekam ich die Diagnose SLE und erstmalig erfolgreiche Therapie. Er hat also alles hautnah miterlebt, mich immer gestützt, getröstet, aufgefangen. Ich werde wohl nie begreifen, wie er das geschafft hat, aber es hat geklappt. Ich glaube, Humor haben wir uns immer bewahren können, wenn auch oft schwarzen. Wir haben Mini- und Tagesausflüge unternommen, Urlaub zuhause gemacht, ENTWEDER Kino oder Essen und nicht beides usw. Da ich mind. 20 kg zugenommen hatte, war mir nach der gelungenen Therapie wichtig, wieder so in etwa mein Ausgangsgewicht (wie er mich kennengelernt hat) wiederzuerlangen. Und mich als Frau wiederzufinden!! Für ihn, aber in erster Linie für mich (Kleidung, Wäsche, Make-Up, Friseur usw. - ich wusste gar nicht mehr, wie das geht ). Meine Familie war zumeist sehr betroffen und sehr hilflos. Es ist mir leider nie gelungen, mich da abzugrenzen, dass würde ich heute jedem raten: zu sagen "Dein trauriges Gesicht hilft mir leider gar nicht, bitte lass' es, ich bin schon belastet genug!"
Was hilft, außer die medikamentöse Therapie, gegen die Beschwerden (Krankengymnastik, Sport, Wärme, Kälte, Entspannung, Yoga, Psychotherapie, das Forum, Musik, Tanzen...)?
Moderate Bewegung hilft bei mir immer! Und sei es "nur", dass verdammte Gedankenkarussell zu verlangsamen und sich ein bißchen die Birne durchpusten zu lassen. Musik (habe mir von einigen Freundinnen "Gute-Laune-CD's" brennen lassen und die rauf und runter gehört UND finde schön gemachte Entspannungsmusik prima) ist immer toll und geht auch überall (danke an die moderne Technik;). Sich im Forum aufzuhalten ist meistens gut, manchmal hat es mich eher bedrückter gemacht, aber das war dann oft Tagesform meinerseits. Grds. halte ich intensive Internet-Recherche bei so komplexen Sachen wie unserem Lupus für total gefährlich! Man kann sich tierisch verzetteln und ist nachher weitaus verunsicherter als vorher. Aber in der Not... ich kenne das. Und außerdem ist Schlaf mein Glücklichmacher - und ich weiß. wie Nicht-Schlaf sich anfühlt! Bestimmt 5 Jahre lang habe ich aufgrund des damals so hohen Cortisons praktisch verlernt, wie z.B. Tiefschlaf überhaupt "geht". Das war eine ätzende Zeit, ich war gar nicht ich selbst. Heute ist es immer noch nicht meine einfachste Übung mit dem guten Schlaf, aber VIIIIIIIIIIIIEL besser als früher!
Puh, das war viel;). Aber du hast ja gefragt, liebe solea ! Ich wünsche dir eine gelungene eigene Lebensgestaltung und alles Gute und Gesunde! Viele Grüße, NiNoa
"Ich habe unter denen, die sich einer unerschütterlichen Gesundheit erfreuen, noch keinen getroffen, der nicht nach irgendeiner Seite hin ein bißchen beschränkt gewesen wäre; wie solche, die nie gereist sind." André Gide (1869-1951)
Re: die optimale, krankheitsgerechte Zukunftsplanung ;)
von Esther am 10.08.2012 09:19Ich möchte alle fragen hier gar nicht beantworten.
Krank sein. Für mich stand immer im hinterkopf dass das keine Option ist. Ich hab keinn SLE muss ich allerdings dazusagen...
Krank sein heisst für mich einfach - die lebensumstände ändern. Keine langen alkoholgetränkten Partynächte mehr. Nicht mehr in die Sonne. Keine 14 stunden mehr arbeiten. Lange erholungsphasen. mehr schlafen. Brav die notwendigen artzmarathons auf mich nehmen. Brav die kontrollen wie auch frauenarzt oder zahnarzt einhalten.
Das alles ist für mich eine Umstellung gewesen.
Aallerdings das wichtigste für mich war.....
Akzeptieren.
Sich nicht über Dinge ärgern die man nicht ändern kann.
Ich hab jahrelang darunter gelitten... Dass es für mich in meinem Kopf undiskutabel ist "krank" zu sein. Irgendwann hab ich es einfach eingesehen und zugelassen.
Boah das klingt richtig doof... War aber bei mir so.
Ich hatte vor 6 jahren eine Sepsis. Niemand weiss warum. Die hat eine AIK ausgelöst. Niemabd weiss welche. Ich habe meune krankheit angenommen. Ihr einen Namen / WAI (was auch immer) gegeben. Und einfach zugelassen.
Und dann war ich überrascht wieviel sich im kopf abspielt.
Was auch geholfen hat... Ballast abwerfen. Hab mein "halbes " haus weeggeworfen. Cd's, bücher, geschirr, dekokram, kleidung, dvd's, spiele, alles mögliche entsorgt. Das war alles mein altes gesundes leben..... Jetzt neuer lebensabschnitt.
Deswegen wurde ich nicht weniger krank.... Aber es hat sich im kof und in der seele anders angefühlt.
Ich hoffe ich schreibe kein wirres zeugs? Ist aber einfach so fewesen bei mur.
Lg esther
Wer Fragen stellt, muss auch akzeptieren, dass er Antworten bekommt.